Er hätte dort geendet, wo er begonnen hat: privat. Der Verein Schwachstrom hat sich am gestrigen Sonnabend zur Jahreshauptversammlung getroffen und zwar in den Kellerräumen von Familie Rudolph in Heringen. Dabei haben die Stammmitglieder so ernst wie nie über eine Vereinsauflösung debatiert. Das Ergebnis: Dafür hat der Computerclub eindeutig zu viel Potential.

Verrückte Mittelerde-Version
Die LAN-Szene hat sich mit dem Internet verändert. War das Netz in den 90′ern noch eine Nerd-Randerscheinung, haben erschwingliche Breitbandverbindungen dazu geführt, dass weniger auf Zocker-Events gespielt wird. Vielmehr ist das Computerspielen mehr und mehr privat geworden: Zu Hause mit Mikrofon und Sprachverbindung zu anderen Spielern vor dem eigenen Rechner oder in kleineren Zockerrunden. Die meisten Vereine, die sich Anfang des Jahrtausends gegründet haben, um Computerpartys zu organisieren, haben sich inzwischen wieder aufgelöst. Denn noch nie war es schwieriger Veranstaltungen zu organisieren, die für eine größere Spieler-Gruppe ausgelegt sind und sich dann auch noch wirtschaftlich lohnen. Denn um attraktiv zu bleiben, haben sich viele Veranstalter auf Themen-Partys spezialisiert. Dann wird in einer großen Halle beispielsweise ‘World of Warcraft’ gezockt. Wobei auch das Ambiente so hergerichtet ist, dass selbst J.R.R. Tolkien trotz summender Rechner und Pizza-Kartons sich so fühlen würde, als ob er in einer sonderbar verrückten Mittelerde-Version gelandet wäre. Das zu organisieren ist teuer und verspricht immer noch keine gefüllte Halle. Dann gibt es auch noch das Problem beim Phillipsthaler Verein: Nur wenige Organisatoren spielen selbst. Ein weiteres: Es gibt noch weniger Besucher auf den Vereinsveranstaltungen. Der Tenor bei der Jahreshauptversammlung war dementsprechend klar: Es muss sich etwas ändern – oder der Verein sollte sich ehrlicherweise doch besser auflösen.

Aus Routine wurde Langeweile
In den letzten drei Jahren dümpelte Schwachstrom still vor sich hin: Ein paar kleinere Partys, mit und ohne Computer, mit Besuchern, die man an einer Hand hätte abzählen können. Die Konsequenz daraus ist nur natürlich: Das Vereinsengagement ging immer weiter zurück, aus Routine wurde Langeweile. Dabei ist die Motivation der Mitglieder noch die gleiche wie im Jahr 2002 bei der Vereinsgründung: sich mit Technik auseinanderzusetzen um beispielsweise eine reibungslos-funktionierende Party auf LAN-Basis herzurichten. Dazu gehörte auch das Einrichten von Servern, Herstellen der Infrastruktur, Erstellen eines funktiorenden Intranet-Systems – allesamt Herausforderungen, mit denen sich die Mitglieder gerne und intensiv auseinandergesetzt haben. In der Vereinssatzung klingt das dann so:

“Die Hauptaugenmerke (des Vereinszweckes, Anm. d. A.) sind auf die Förderung von Computerkenntnissen unter jungen Menschen, als mitentscheidenden Faktor beim Berufsantritt und auf kommunikative Aspekte wie Computernetzwerke gerichtet. Durch regelmäßige, spezielle öffentliche Veranstaltungen versucht der Verein computerinteressierte Menschen zu einem Informationsaustausch anzuregen.”

Das galt damals, das gilt auch heute noch.

Es gibt keinen Quotenzwang
Im Jahr 2011 gibt es diese Herausforderungen immer noch – und dies mit Veranstaltungen zu verknüpfen, soll Ziel der ‘Schwachstrom-Aganda 2011′ sein. Für zukünftige Veranstaltung wurde beispielsweise der ‘offene Samstag’ eingerichtet: In Workshops werden dann Mitglieder kostenlos Themen gemeinsam mit und für Interessierte erarbeiten. Ob über die 3D-Grafik-Software Blender, über Gimp oder Podcasts: Auf den Vereinsveranstaltungen werden die Themen angeboten, die für die Mitglieder Relevanz besitzen, natürlich in der Hoffnung, dass sich auch andere Menschen dafür interessieren. Dieses Angebot wird kostenlos sein um dem gemmeinnützigen Anspruch des Vereins noch mehr gerecht werden zu können. Einen ‘Quotenzwang’ um den höchstmöglichen Cashflow zu erbringen, den gibt es nämlich nicht.

Themen-Stammtisch
Zeitnaher wird der Verein für alle Interessierte Themen-Stammtische organisieren, deren Zusammenschnitt im Anschluss als Podcast veröffentlicht werden kann. Den Anfang macht Rechtsexperte Timo Pforr mit dem höchst interessanten Thema, ob Veranstalter haftbar gemacht werden können, wenn auf LAN-Partys mit Internet strafrechtlich relevante Aktionen durch Gäste gestartet werden. Der Stammtisch startet am Montag, 4. April, um 22 Uhr via Teamspeak auf ts.outi-networks.de.